Digitale ÜBS: Wie kommen wir dahin?

Ausbildungswerkstatt 4.0

Die dritte Ausbildungswerkstatt 4.0 beschäftigte sich mit der Weiterentwicklung von überbetrieblichen Bildungsstätten mit dem besonderen Blick auf die Personal- und Organisationsentwicklung im Zeitalter der digitalen Transformation. Das Projekt ProMech-I stellte seine Ergebnisse zur Diskussion.

Überbetriebliche Ausbildung (ÜBA) muss zeitgemäß, digital und attraktiv sein. Um diesen Anforderungen zu entsprechen, müssen sich Überbetrieblichen Bildungsstätten (ÜBS) der digitalen Transformation stellen. Neben der Anschaffung zeitgemäßer Ausstattung und einer didaktisch-methodischen Modernisierung von Ausbildungskonzepten, bedarf es auch Veränderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation von ÜBS. Diese Anpassungen spielen bei der Durchführung des Entwicklungs- und Erprobungsprojektes ProMech-I eine entscheidende Rolle. Um Ergebnisse anderen ÜBS bereitzustellen, werden fortlaufend „Ausbildungswerkstätten 4.0“ durchgeführt. Dabei werden die Ergebnisse nicht nur vorgestellt, sondern auch diskutiert und mit den Erfahrungen aller Beteiligten der Veranstaltungen „Ausbildungswerkstätten 4.0“ ergänzt. Die dritte Veranstaltung dieser Art fand am 19.10.2022 in Schwerin statt. Zum Thema „Digitale ÜBS: Wie kommen wir dahin?“ diskutierten in einer Expertenrunde Verantwortliche der beruflichen Ausbildung u.a. folgende Fragen: Welche (neuen) Anforderungen werden zukünftig an ÜBS gestellt? Was bedeutet eine wirtschaftsorientierte Ausbildungsunterstützung? Wie gelingt die Professionalisierung des Bildungspersonals in ÜBS?

Download:  Einleitung Ausbildungswerkstatt

Die Diskussionsgrundlage bildeten Erfahrungsberichte aus der Projektarbeit. So erläuterte Ralf Marohn, Projektleiter von ProMech-I, den strategischen Ansatz zur Weiterentwicklung des saz-Schweriner Aus- und Weiterbildungszentrums e.V.. Dabei stellte er die Grundüberlegungen zur Entwicklung einer digitalen ÜBS vor. Hieraus leitete er ein Modell zur Organisationsentwicklung ab. Am Modell wurden Erfolgsfaktoren und entscheidende Aspekte an praktischen Beispielen erläutert. Im Anschluss wurde der Modellierungsprozess beschrieben und bisherige Erfahrungen aus der Projektarbeit geteilt. Zum Abschluss des Beitrags formulierte er zwei zentrale Botschaften:

  • Die Entwicklung und kontinuierliche Anpassung der „Digitalen Agenda das saz“ haben dem Unternehmen geholfen sich weiterzuentwickeln.
  • Digitalisierung alleine macht die ÜBA nicht besser, sie muss die Lehr-/Lerntätigkeit zielorientiert unterstützen.

Diese beiden Botschaften griff Peter Cante als Ausbildungsinnovator des Projektes „Pro Mech-I“ auf und erläuterte das Vorgehen der konzeptionellen Anpassung am Beispiel eines ÜBA-Kurses. Ausgangspunkt bildet hierbei der grundsätzlich Unterstützungsbedarf der Ausbildungsbetriebe hinsichtlich einer ausbildungsrelevanten Ausbildungsplanung auf Grundlage des Ausbildungsrahmenplans. Hierzu ist eine intensive Kundenbindung der ÜBS und das Verständnis von Arbeitsprozessen in den Unternehmen durch das Ausbildungspersonal der ÜBS notwendig. Des Weiteren wurde deutlich, dass eine intensive arbeits- und berufspädagogische Begleitung des Ausbildungspersonals ein Erfolgsfaktor für die Weiterentwicklung der ÜBA war, ist und zukünftig sein wird. Woraus sich u.a. folgende Fragestellungen für die Personal- und Organisationsentwicklung ableiten lassen:

  • Welche spezifischen berufspädagogischen Kompetenzen benötigt das Ausbildungspersonal in einer ÜBS, um den digitalen Transformationsprozess zu meistern?
  • Werden zukünftig Personalstellen zur Begleitung des Ausbildungspersonals hinsichtlich der Berufs- und Medienpädagogik oder der Unterstützung bei der Entwicklung digitaler Medien benötigt?

Download: Organisationsentwicklung

Unter dem Titel „Professionalisierung im Kontext der digitalen Transformation“ griff Manuela Zauritz, von der Gesellschaft zur Förderung von Bildungsforschung und Qualifizierung mbH, diese Fragestellungen auf. Sie erläuterte ihre Herangehensweise an die Entwicklung eines Professionalisierungskonzeptes für das ÜBS Ausbildungspersonal.

Ausgangspunkt bildet hierbei die Beschreibung der Anforderungen durch die Digitalisierung im Zusammenhang mit der veränderten Rolle des Ausbildungspersonals und den angepassten Aufgabenstellungen. Des Weiteren kommt es auf ein entsprechendes Trainingsdesign an. Erfolgsversprechend war hier der pädagogische Ansatz, bestehend aus einem fachlichen Input, einer betrieblichen Lernphase und dem anschließenden Transfer in den Ausbildungsalltag. Dieser wurde am Beispiel des Qualifizierungsthemas „Grundlagen des Lernens mit digitalen Medien“ erläutert. Folgende Erkenntnisse lassen sich aus dem Beitrag zusammenfassen:

  • Kompetenzentwicklung beim Ausbildungspersonal bedarf einer intensiven internen und/oder externen Lernprozessbegleitung.
  • Qualifizieren mit einer betrieblichen Lern- und Arbeitsaufgabe ist ein erfolgversprechender Transferansatz.
  • Personal- und Organisationsentwicklung müssen zusammen gedacht werden.

Download: Personalentwicklung

Im Anschluss der Erfahrungsberichte aus der Projektarbeit kam es zu einem sehr intensiven Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmenden der Werkstatt. Dabei wurde verdeutlicht, dass es wichtig ist, die zukünftigen Anforderungen an die ÜBS zu analysieren. Hieraus lassen sich die Aufgaben und Unternehmensziele ableiten. ÜBS übernehmen derzeit Aufgaben in der beruflichen Orientierung und Beratung. Sie sind Lern- und Prüfungsort der Berufsausbildung. Sie bieten Anpassungs- und Aufstiegsfortbildungen zur Fachkräftequalifizierung an. Zunehmend unterstützen sie den schulischen Lernort bei der Vermittlung von Ausbildungsinhalten. Häufig sind sie auch der regionale Treiber von Innovation in der beruflichen Bildung. Aus der Vielfalt der Geschäftsmodelle ergeben sich veränderte Anforderungen an die Mitarbeitenden in der ÜBS.

Ob es ein Spezialistenprofil „Ausbilder/-in in der überbetrieblichen Ausbildung“ geben muss und wie sich die digitalen Kompetenzen des Ausbildungspersonals an den einzelnen Lernorten unterscheiden, konnte während der Veranstaltung nicht klar beantwortet werden. Das Kompetenzanforderungsprofil sollte die arbeitsplatzspezifischen Anforderungen auf Grundlage des Geschäftsmodells der ÜBS berücksichtigen. Das Profil des Aus- und Weiterbildungspädagogen erscheint stellenweise zu umfangreich. Hier könnten einzelne Spezialistenprofile, wie zum Beispiel Lernprozessbegleiter/-in), je nach Einsatzgebiet hilfreich sein. DigComp als Kompetenzmodell für die Beschreibung digitaler Kompetenzen des Ausbildungspersonals bietet hierbei einen guten Ansatz. Dieses Modell muss aber auf Grundlage der jeweiligen Verwendung spezifisch angepasst werden.

Das Projektteam von ProMech-I wird das Thema „Personal- und Organisationsentwicklung“ weiter bearbeiten und in seinem Transferprodukt „Ausbildungsmodell: Verbundausbildung für die Industrie 4.0“ umfassend darstellen.

Freundliche Grüße,

Ralf Marohn
Projektleiter ProMech-I